Schwäbische Zeitung, 11.01.2022, von Gerd Mägerle
„Biberacher unterstützt Kliniken in Tansania „
Dr. Thomas Kühn will eine Ausbildungsstätte für Medizintechniker und OP-Personal eröffnen
Trotz schwieriger Bedingungen durch die Corona-Pandemie hat der Biberacher Unfallchirurg und Orthopäde Dr. Thomas Kühn (Mitbegründer der Nova Clinic) mit seiner Stiftung Kühn Foundation seine Aufbauarbeit in Kliniken in Tansania ( Ostafrika) fortgesetzt. Zwei Container voll mit medizinischen Geräten, chirurgischer Ausrüstung und weiterer Klinikausstattung schickte er im Frühjahr 2021 per Schiff Richtung Tansania. Im Frühsommer war Kühn zum Entladen und Verteilen der Lieferung in Tansania vor Ort.
Wenn er dieser Tage die Unzufriedenheit mancher Menschen in Deutschland mit der hiesigen Politik und Gesundheitsversorgung mitverfolgt, kann der Biberacher Mediziner nur den Kopf schütteln: ,,Stellen sie sich eine Situation in Deutschland vor ohne Krankenkassen, ohne Hausarzt oder niedergelassenen Facharzt, ohne Intensivstation und ohne Lohnfortzahlung und Kurzarbeitergeld, ohne Impfstoff oder Sauerstoff. Dieses Szenario entspricht der Wirklichkeit in den Ländern der so genannten Dritten Welt.“ Hinzu kommen weitere Bedrohungen durch Flut, Dürre, Heuschrecken plagen – und damit Hunger, Armut und Tod.
Kühn hat zu Beginn der 1980erJahre als Entwicklungshelfer in Tansania gearbeitet und hat sich in seinem Ruhestand voll und ganz der Hilfe vor Ort verschrieben. Fast das gesamte Jahr 2020 brachte er „als Halbtagsjob“ damit zu, Geräte und Material zusammenzutragen, um dies im Frühjahr 2021 nach Tansania verschiffen zu können. Im Mai flog er dann für sechs Wochen in das ostafrikanische Land, um beim Auspacken und Verteilen der Ladung zu helfen und das Personal in den Kliniken an den medizinischen Geräten auszubilden.
Hauptstandort für ihn ist dabei Mwanza, eine 2,7-Millionen-Einwohner-Stadt am südlichen Ufer des Victoriasees. Dort liegt mit dem St.-Clare-Hospital eine der Kliniken, die er bisher schon unterstützt. „Mwanza ist als Standort deshalb gut, weil von dort aus Teerstraßen in alle Himmelsrichtungen führen, sodass wir von hier aus weitere Kliniken in Tansania, aber auch in Nachbarländern mit medizinischen Hilfsgütern unterstützen können“, sagt Kühn. Das sei inzwischen ein zweites Standbein seiner Stiftung.
Außerdem plant er mittelfristig in Mwanza den Aufbau einer Ausbildungsstätte für Medizintechnikerinnen und -techniker. ,,Es gibt in Tansania zu wenig Leute, die die Geräte warten und reparieren können“, sagt er. Auch OP-Personal will er in Mwanza ausbilden lassen.
Neben dem Entladen der Container half Kühn auch beim Behandeln von Patienten im St.-Clare-Hospital. Er operierte unter anderem Menschen, die sich bei den in Tansania häufig vorkommenden Mopedunfä.1-len die Beine gebrochen hatten oder korrigierte falsch zusammengeheilte Knochenbrüche, die die Betroffenen in ihrer Beweglichkeit einschränkten.
Um die medizinische Kontinuität zu sichern, hat der Unfallchirurg Dr. Martin Krajewski im Herbst die Arbeit im St.-Clare-Hospital in Mwanza aufgenommen. Er wird von der Kühn Foundation dauerhaft logistisch und finanziell unterstützt, sagt Thomas Kühn. ,,Wir erhoffen uns durch die dauerhafte Präsenz dieses sehr erfahrenen Unfallchirurgen einen endgültigen Start der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, die wir bereits sehr aufwendig mit Instrumenten und operativer Ausrüstung ausgestattet haben.“ Ziel sei, die Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie auf das Niveau eines Überweisungskrankenhauses zu bringen, Ärzte auszubilden, um dauerhaft die orthopädische und unfallchirurgische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
Ein Lastwagen mit Hilfsgütern ging auch in das Wasso-Hospital im Norden Tansanias, das Kühn ebenfalls schon seit längerer Zeit unterstützt. Dabei handelt es sich um ein kleines Krankenhaus am Rande des Serengeti-Nationalparks. Dieser ist als Urlaubsdomizil offenbar bei Scheichs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten beliebt, weshalb die Klinik in Zukunft möglicherweise eine größere Unterstützung aus den Emiraten erhält, um die medizinische Versorgung potenzieller Urlaubsgäste zu verbessern. Möglicherweise sei auch er dann als Experte involviert, sagt Kühn. ,,Für die Menschen vor Ort wäre das gut, denn sie würden von neuen Klinikgebäuden und deren Ausstattung natürlich auch profitieren.“
Aktuell sammelt Thomas Kühn bereits wieder medizinische Hilfsgüter für den nächsten Transport nach Tansania, der dieses Jahr erfolgen soll. ,,Inzwischen habe ich schon wieder einen halben Container voll“, sagt er. Große Hoffnungen setzt er unter anderem darauf, den Zuschlag für die chirurgische Ausrüstung einer süddeutschen Uniklinik zu erhalten, die mit ihrer Chirurgie inzwischen in einen Neubau umgezogen ist.
Für den Transport, aber auch für den Aufbau der Ausbildungsstätten hofft Kühn auf Spenden aus der Bevölkerung. ,,2021 lief da leider wenig, weil ich kaum Informationsveranstaltungen abhalten konnte.“
Dr. med. Thomas Kühn
Facharzt für Orthopädie
und Unfallchirurgie
Ambulantes Operieren
Sportmedizin, Chirotherapie
Sozialmedizin, Rehabilitation
Sitz der „Kuehn Foundation“
Schweidnitzallee 17
88400 Biberach